Persönlichkeit hörbar machen Modul 4

Lektion 11 – Storytelling 1 – Emotionen in der Stimme

«Eine gut erzählte Geschichte macht aus den Ohren Augen.» (Chinesisches Sprichwort)

Gute Sprecher können durch ihre Redekunst die Zuhörer mitreißen und Barrieren wie Misstrauen oder Unsicherheiten durch ihre Stimme und Stimmklang überwinden. Spannendes Sprechen ist jedoch keine angeborene Kunst oder eine magische Begabung, sondern die zumindest teilweise erlernbare Fähigkeit, andere Menschen an den eigenen Gefühlen teilhaben zu lassen.

Diese eloquente Übermittlung der eigenen Gefühlswelt kann die Zuhörenden begeistern und in bestimmten Situationen regelrecht verzaubern. Man spricht hier von einer charismatischen Ausstrahlung des Sprechers. Das Gegenteil hierzu ist der monotone Sprecher, der seinen Text herunterleiert wie das einschläfernde Rezitieren eines Telefonbuches.

Die Hauptelemente einer interessanten und packenden Sprechweise sind u. a. häufige Wechsel des Sprechtempos, der Tonlage und der Emotionen und darüber hinaus die Fähigkeit des sogenannten «Storytellings». Wer schon einmal z. B. die beeindruckende und berühmte Moderation von Herbert Zimmermann beim Fußballendspiel „1954 Deutschland – Ungarn“ bei YouTube etc. oder im Film „Das Wunder von Bern“ gesehen oder gehört hat, der weiß wovon hier gesprochen wird.

Um situationsbezogen einen Text oder eine Rede farbig und spannungsgeladen zu gestalten, ist ein einfaches Ändern der emotionalen Energie ein probates Stilmittel. Versehen Sie einen Textabschnitt im gedanklichen Subtext mit einem bestimmten emotionellen Adjektiv, welches Sie zum Ausdruck bringen wollen und Ihre Vortragsweise wird dramatisch an Ausdrucksfähigkeit gewinnen. Auf einmal wird auch ein trockener Sachtext zu einer interessanten Angelegenheit. Um die zusätzliche Fähigkeit des Einbaus einer oder mehrerer spannender Geschichten kümmern wir uns dann in den nächsten Lektionen.

In der Lektion 5 im Kurs «Persönlichkeit hörbar machen» hatten Sie bereits mit der sog. «Schallplatten-Sprungtechnik» eine effektive Methode kennen gelernt, wie Sie Variationen in Ihren Sprech- und Redestil einbringen können. In dieser Lektion erhalten Sie dazu weiteres Übungsmaterial und eine Vertiefung der Authentizität Ihrer gewünschten Emotionen durch Ihre Körpersprache. Beobachten Sie auch mal einen Hörbuchsprecher bei seiner Arbeit (bei youtube finden Sie hierzu entsprechende Videos). Sie werden feststellen, dass diese Sprecher verschiedene Körperhaltungen einnehmen, welche bestimmte Emotionen verstärken. Durch Beobachtung können Sie zusätzlich von den Profis lernen.

Übung Emotionales Sprechen

Lesen Sie den folgenden kurzen Sachtext mehrfach nacheinander unter z. B. folgenden emotionalen Qualitäten: gelangweilt, arrogant, verführerisch, lachend, provozierend, aufgeregt, beruhigend, um Verständnis bittend. 

„Das Gehör ist unser aktivstes Sinnesorgan. Wir können die Augen schließen oder uns die Nase zuhalten, doch unsere Ohren sind immer aktiv, selbst wenn wir schlafen.“

Verwenden Sie weitere emotionale Adjektive und Texte Ihrer Wahl. Sie werden bemerken, wie Sie durch diesen kleinen Trick nach einiger Zeit des Übens Texte und Inhalte fast automatisch und unbewußt farbiger und spannender gestalten können.

TIPP:
Im fortgeschrittenen Übungsstadium verschiedenartige emotionale Qualitäten in einem Text verwenden!

Eine Rede halten und Körpersprache:

Ihre Körpersprache wird sich nach einer bestimmten Zeit des Übens automatisch an Ihre jeweilige Sprechweise und Kommunikationsebene anpassen ohne dass es gekünstelt aussieht. Für den Anfang geben wir Ihnen zusätzlich einige körpersprachliche und stimmliche Tipps für die jeweilige emotionale Stimmungsübermittlung:

 Freundschaftliche Kommunikationsebene (z. B. engagiert; partnerschaftlich; persönlich): 
Ihr Abstand zum Publikum oder Zuhörenden ist näher als üblich; Sie berühren ihr Gegenüber und lassen sich berühren. Sie machen eher sanfte und fließende Bewegungen und sie lächeln viel.

 Beruhigende, sanfte Kommunikationsebene (z. B. tröstend; ermutigend; hypnotisch): 
Ihre Stimme ist sanft und leiser als gewöhnlich; Sie haben eine eher gleichmäßige, tranceartige Sprechweise. Sie machen viel Pausen beim Sprechen und Ihre Körperhaltung ist sehr entspannt.

 Flirtende Kommunikationsebene (z. B. lebendig; lustvoll; provokant): 
Frauen kokettieren gerne in dieser Kommunikationsebene; Männer wirken eher kraftbetont und Stärke vermittelnd. Beide sprechen hier mit etwas tieferer Stimme und erzeugen beim Zuhörer durch z. B.  witzige oder herausfordernde Bemerkungen provokante Momente.

 Dramatische Kommunikationsebene (z. B. aufpeitschend, aktivierend, mitreißend): 
Ihre Stimme wird schneller; die Tonlage geht immer mal wieder nach oben (ansteigende Intonation). Sie bewegen sich mit großer Gestik und ebenso die Zuhörer geraten in Bewegung.

 Kritisierende Kommunikationsebene (z. B. distanziert; abgrenzend; rügend): 
Sie stehen sehr aufrecht und sprechen mit klarer, knapper Stimme.  Ihre Haltung strahlt Selbstsicherheit und Bestimmtheit aus.

 Kämpferische Kommunikationsebene (z. B. streitlustig; offensiv; provokativ): 
Ihre Haltung ist etwas angespannter und die Körperbewegungen bestimmter und „zackiger“. Ihre Gesten wirken auffordernd und aggressiver; Sie nehmen mehr Raum ein und benutzen verschiedene Positionen im Raum. Ihre Stimme klingt schärfer und knapper. Achten Sie bitte darauf, nicht in eine zu hohe oder überschnappende Stimmlage zu geraten, dies wirkt eher hysterisch als kämpferisch.

 Verstehende Kommunikationsebene (z. B. mütterlich, väterlich, beschützend): 
Sie fragen viel in dieser Kommunikationsebene (Wohlbefinden, Befindlichkeit des Zuhörers); Sie hören eher zu anstatt zu sprechen. Sie nicken verständnisvoll; Ihre Sprechweise ist sanft und verständnisvoll, aber Ihre Körperhaltung strahlt durch eine bestimmte selbstbewusste Spannung (im Gegensatz zu der beruhigenden, sanften Kommunikationsebene) Selbstbewusstsein und Führungseigenschaften aus.

 Vermittelnde Kommunikationsebene (z. B. ausgleichend, Gemeinsamkeiten findend, zusammenführend): 
Sie stehen meist in der Mitte des Raumes; Ihre Handbewegungen sind fast ausschließlich von innen nach außen und wirken vermittelnd, verbindend und alle mit einbeziehend. Sie lächeln viel, Ihr Stimme ist ruhig und der Stimmklang warm und positiv.

Den besten Erfolg beim Üben der verschiedenen Kommunikationsebenen erzielen Sie in Zusammenarbeit mit anderen Menschen wie Freunde oder Bekannte, da Sie hier in der Regel ein aufrichtiges und weiterhelfendes Feedback erhalten.

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